Sehr geehrter Herr Bundesminister der Finanzen,
lieber Christian,
im Taxi- und Mietwagengewerbe Deutschlands ist man gerade auf das Bundesministerium der Finanzen – entschuldige die Offenheit – stinksauer!
Die Ursache dafür ist die v.a. auf EU-Taxameter und Wegstreckenzähler bezogene Neufassung des Anwendungserlasses zu § 146a AO ab 1. Januar 2024.
Die zuständige Fachabteilung in Deinem Haus, namentlich Frau Ministerialrätin Nadine Danewitz, hat die Taxi- und Mietwagenverbände mit Schreiben vom 16. Juni 2023 gebeten bis zum 10. Juli 2023 dazu Stellung zu nehmen, wie eine Implementierung bis zum 1. Januar 2024 umgesetzt werden kann.
Die Antwort war bereits damals und ist auch heute kurz und bündig: Gar nicht! Und wir verstehen auch als TMV überhaupt nicht, warum das Ministerium im Wissen darum, dass dieses Zieldatum vollkommen unrealistisch ist und in wenigen Monaten mit absoluter Sicherheit eine Übergangslösung nachgeschoben werden muss, alle Hinweise und Ratschläge aus der Praxis und der Fachwelt ignoriert.
Eine wirkliche bodenlose Unverschämtheit stellt die Tatsache dar, dass wir als Taxi- und Mietwagenverbände bis zum 10. Juli zu einer Stellungnahme durch das Bundesministerium der Finanzen aufgefordert werden, das Ministerium aber mit Datum vom 30. Juni 2023 auf seiner Homepage das 41-seitiges BMF-Schreiben an die Obersten Finanzbehörden veröffentlicht hat. Es ist eine Farce, so zu tun, als ob man Verbände beteiligen will, während man schon längst Fakten schafft und ohne die eingeholte Expertise genau das Gegenteil von dem in die Wege geleitet wird, was von den Praktikern geraten wird.
Sehr geehrter Herr Bundesminister, lieber Christian,
wir haben gehofft, dass eine neue Beteiligungskultur, wie sie von allen zu Beginn dieser Ampelkoalition versprochen worden ist, auch Realität wird. Vor kurzem haben wir als TMV es abgelehnt innerhalb von 24 Stunden zur Neufassung des Straßenverkehrsrechtes eine Stellungnahme abzugeben, weil wir solch ein Verhalten gegen-über 100 Verbänden für respektlos halten.
Eine Stellungnahme aber einzufordern im Wissen darum, dass man diese zur Beurteilung gar nicht mehr heranziehen will, ist uns noch nie passiert und ein Vorgang, der das Vertrauen zwischen Ministerium und Verbänden im Kern erschüttert. Verbandsbeteiligung ist kein notwendiges Übel und kein Feigenblatt, sondern elementarer Bestandteil unserer demokratischen Diskussions- und Entscheidungskultur.
Wir legen Dir ans Herz Dich dieses Vorgangs persönlich anzunehmen, denn diese Zeitschiene des Anwendungserlasses ist völlig unrealistisch!
Nicht nur diese Kosten in einer Höhe von mindestens 200 Millionen Euro bei einem Jahresumsatzsteueranteil von 38 Millionen Euro an Dein Haus, die das mittel-ständische Taxi- und Mietwagengewerbe nach den Vorstellungen des Bundesfinanzministeriums innerhalb der nächsten sechs Monate zusätzlich schultern soll, sind in einer ohnehin schon angespannten finanziellen Situation immens.
Vielmehr können 100.000 Taxen und Mietwagen unter Berücksichtigung der Bauteillieferzeiten, der Produktionskosten und Werkstattkapazitäten, dem Mitwirken aller behördlichen Institutionen, wie den Eichämtern, und den personellen Ressourcen der Servicestellen nie und nimmer bis zum 1. Januar 2024 umgerüstet werden. Allein der deutschlandweit führende Anbieter von Taxametern hat darauf verwiesen, dass gerade einmal eine dreistellige Anzahl an Geräten zur Zeit im Umlauf ist und keine Geräte verfügbar sind, die derzeit die mit dem BMF-Schreiben aufgeführten TSE-Anforderungen erfüllen können. Und wenn wir die personelle Ausstattung der Servicestellen betrachten, dann kommt eine realistische Umsetzung in einem Zeitrahmen von zwei bis drei Jahren heraus. Uns ist als TMV vollkommen unbegreiflich, wie man im Wissen um all diese zentral wichtigen Faktoren auf den 1. Januar 2024 kommt.
Eine schnelle und unternehmenschonende sowie nachhaltige Lösung ist die von uns bereits vorgeschlagene Anerkennung von auf dem Markt bereits verbreiteten singulären Kassensystemen (auch in der Kombination von Kassensystem und Vermittlungssystem), welche über eine durch das BSI zertifizierte TSE die Zahlvorgänge ebenso wie die Aufzeichnung insgesamt in einer Cloud sichern. Damit könnten geschätzte 50 % der derzeit eingesetzten Taxameter und auch viele Wegstreckenzähler weiter betrieben werden, ohne die Zielsetzung der rechts- und fälschungssicheren Dokumentation der Bezahlvorgänge im Taxi und Mietwagen zu beeinträchtigen.
Hinzu kommt, dass alle Anregungen und Hinweise vom April diesen Jahres nicht nur in keiner Form Eingang in den Anwendungserlass gefunden haben, sondern dass unser Beirat Technik zusammen mit Taxameterherstellern feststellen musste, dass dieser Erlass eine erhebliche Anzahl an fachlichen und rechtlichen Mängeln aufweist, deren mögliche Folgen für das gesamte Taxi- und Mietwagengewerbe schwerwiegend, für das Bundesfinanzministerium sogar blamabel sein können.
Deswegen hatten wir Deiner Fachabteilung auch mit Schreiben vom 10. Juli einen Vorschlag unterbreitet:
Damit die Anwendung der Kassensicherungsverordnung auf EU-Taxameter und Wegstreckenzähler nicht zu einem Rohrkrepierer wird, schlagen wir als TMV vor, dass das Bundesfinanzministerium zum schnellstmöglichen Zeitpunkt einen Runden Tisch einberuft, zu dem alle relevanten Gruppen, Verbände und Institutionen eingeladen werden. Dann können wir alle gemeinsam eine realistische Zeitplanung entwickeln, die sich an den wirklichen Gegebenheiten orientiert.
Mit einer zeitnahen Einberufung solch eines Runden Tisches würde in Richtung der Verbände und mittelständischen Unternehmen der Taxi- und Mietwagenbranche ein Zeichen der Verlässlichkeit gesetzt und die planerische und technische Kompetenz aus der Praxis eingebunden werden.
Mit den besten Grüßen verbleiben wir
Ihr
Markus Gossmann Patrick Meinhardt
TMV-Vizepräsident TMV-Bundesgeschäftsführer